{nl}{nl}Es war einmal eine Seele. Sie wohnte in einer ruhigen Straße am Rande einer großen Stadt.{nl}Eines Tages nun geschah es, dass der Seele ein furchtbarer {nl}Schicksalsschlag widerfuhr: Ein Blitz schlug in ihr Haus ein. Im ersten {nl}Schreck duckte sich die Seele, kauerte in sich zusammen und verharrte so{nl} eine ganze Weile. Erst nach einer geraumen Zeit schaffte sie es mit {nl}letzer Kraft, sich aufzurichten und umzusehen. Mit Entsetzen stellte sie{nl} fest, dass alles zerstört war, was sie sich im Laufe ihres Lebens {nl}erarbeitet hatte. Seltsamerweise war das Haus über ihr stehen geblieben,{nl} aber in seinem Inneren war alles leer. Sie besaß nichts mehr nicht {nl}einmal ein Kleid am Leibe. {nl}{nl}Es dauerte nicht lang, da erschien eine Nachbarin bei ihr. Es war die {nl}Trauer sie wohnte im Haus links neben ihr, aber bisher hatten sie kaum{nl} Kontakt miteinander gehabt. Ohne zu fragen trat diese in ihr Haus, {nl}reichte ihr ein Kleid und sagt: Hier, zieh das an, es wird dir passen.“{nl} Und ohne ein Wort verschwand sie wieder. Da die arme Seele ja nun gar {nl}nichts mehr besaß, nahm sie das Kleid dankbar an und streifte es sich {nl}über. Es war sehr dünn und sie fror darin. Auch passte es ihr nicht {nl}wirklich, doch das bemerkte die traurige Seele nicht. Sie bemerkte nicht{nl} einmal, dass es sich um ein tiefschwarzes Kleid handelte. Es war ihr {nl}auch egal, denn sie spürte, dass dieses schwarze Kleid von nun an für {nl}lange Zeit ihr einziger Besitz sein würde. So trug sie es tagein, {nl}tagaus. {nl}{nl}Nur mühsam verging die Zeit. Die traurige Seele bekam von dem Leben {nl}außerhalb nicht viel mit. Sie hockte in ihrem Haus, starrte vor sich hin{nl} und konnte einfach nicht fassen, was geschehen war. Immer wieder dachte{nl} sie an all die schönen Dinge, die sie einmal besessen hatte. Alles, {nl}aber auch alles war verloren. Und sie fror. {nl}{nl}Doch alles Jammern und Wehklagen half nicht. Die traurige Seele wusste, {nl}dass sie sich, wenn sie überleben wollte, ein neues Zuhause aufbauen {nl}musste. Nur mit großer Mühe schaffte sie es, sich auf das Nötigste zu {nl}konzentrieren. Ihre Hände verrichteten die notwendigen Dinge, doch in {nl}Gedanken war sie ganz weit fort – in der Vergangenheit. Die Sehnsucht {nl}dorthin war unermesslich. {nl}{nl}Eines Tages klopfte es an der Tür und wieder stand eine Nachbarin vor {nl}ihr. Diesmal war es die Freude. Sie wohnte rechts neben ihr und früher {nl}einmal waren sie gute Freunde. Doch nun konnte die traurige Seele mit {nl}der munteren und lebensfrohen Freude nichts mehr anfangen. Sie spürte, {nl}dass sie nichts mehr verband. Und so verließ die Freude sie wieder.{nl} {nl}Mit großer Anstrengung schaffte es die traurige Seele, sich in ihrem {nl}Haus wieder ein wenig einzurichten. Sie besaß nicht viel, aber es {nl}reichte um zu überleben. Sie bemerkte mit der Zeit, dass ihr die wenigen{nl} Dinge, die sie besaß, sehr am Herzen lagen und jedes einzelne von ihnen{nl} ihr etwas bedeutete. Sie hatte kaum Kontakt zu anderen Menschen. {nl}Einige, mit denen sie früher gerne verkehrt hatte, waren ihr fremd {nl}geworden. Wieder andere hatten sich nach dem schrecklichen Ereignis {nl}nicht mehr bei ihr gemeldet. Nur die Trauer war ein häufiger, meist {nl}stiller Gast. Mittlerweile kannte man sich gut. Aber das Merkwürdigste {nl}in dieser Situation war, dass einige wenige Menschen, die selbst von {nl}einem Schicksalsschlag betroffen waren, ihr am meisten halfen. Diese {nl}Menschen besuchten sie, sprachen mit ihr und taten ihr gut. Nach jedem {nl}dieser Besuche hatte die traurige Seele das Gefühl, als habe man ihr ein{nl} Geschenk dagelassen, so dass sich nun ihr neues Zuhaus nach und nach {nl}mit diesen neuen, anderen Dingen füllte. {nl}{nl}Die Zeit verging. Und mit der Zeit schaute die traurige Seele auch hin {nl}und wieder aus dem Fenster. Zu ihrer Rechten, dort wo die Freude wohnte,{nl} war es hell und sonnig. Manchmal schaute sie neidvoll hinüber, denn in {nl}ihrem Haus war es noch immer kalt. Aber oft genug zog sie sich dann {nl}erschrocken zurück: Nein“ dachte sie diese Seite des Lebens ist für {nl}mich nun vorbei.“ Doch die Freude, die sehr wohl das Geschehen in ihrem {nl}Nachbarhaus verfolgt hatte, lächelte sie immer wieder freundlich an. Sie{nl} sprachen nicht miteinander, aber manchmal kam die Freude herüber und {nl}zeigte der traurigen Seele einige schöne Dinge. Zuerst nur von Weitem {nl}durch das geschlossene Fenster, doch mit der Zeit kam sie immer näher {nl}heran. Jedesmal brachte sie schöne Bilder mit. Und die traurige Seele {nl}ließ es zu. {nl}{nl}Eines Tages nun überreichte ihr die Freude ein Geschenk. Es war eine {nl}Halskette aus lauter bunten Perlen. Erschrocken wich die Seele zurück. {nl}Sie war entsetzt. So etwas Farbenfrohes sollte sie tragen? Nein, das {nl}würde wohl nie wieder möglich sein. Lange Zeit wollte die traurige Seele{nl} nun nicht mehr, dass die Freude sie besuchte. Doch diese gab nicht auf.{nl} Immer wieder kam sie zu ihr, zeigte ihr Bilder oder brachte eine {nl}Kleinigkeit mit – mal Blumen, mal einen Scherz, ein Lachen. Man {nl}versöhnte sich. Doch wenn die Freundin aufmunternd sagte, sie solle die {nl}bunte Kette tragen, dann wehrte die traurige Seele ab und wurde noch {nl}trauriger. Sie trug das schwarze Kleid noch immer. Es war zwar schon {nl}sehr dünn und verschlissen, doch es war ihr wie eine zweite Haut {nl}geworden. Sie fror sehr häufig. Wahrscheinlich würde es für den Rest {nl}ihres Lebens kalt bleiben.{nl}{nl}Eines Tages nun geschah es. Die Freude überreichte der traurigen Seele {nl}wieder ein Geschenk. Skeptisch öffnete diese das Paket und was sie dort {nl}vorfand verwunderte sie sehr. Es war ein großer bunter Schal. Überlege {nl}es dir gut“ sagte die Freude liebevoll zu ihr Bevor du es ablehnst, {nl}bedenke, was das für dich bedeuten wird. Dieses Tuch könnte dich wärmen.{nl} Du würdest dich besser fühlen und wenn dir danach ist, dann kannst du {nl}es zur Seite legen.“ Die traurige Seele überlegte kurz. Wollte sie {nl}wirklich nie wieder etwas Farbe an sich heran lassen? Wollte sie {nl}wirklich immer nur traurig sein und frieren? {nl}{nl}Vorsichtig legte sie sich das Tuch um die Schultern. Es war warm und {nl}weich und es leuchtete in den schönsten Farben. Sie spürte die Wärme. {nl}Wie gut ihr das tat. Danke“ sagte die Seele zur Freude Ja, ich möchte {nl}das Tuch behalten. Ich werde es ebenso tragen wie das schwarze Kleid. {nl}Doch nun wird mein Leben nicht mehr ganz so dunkel und kalt sein.“ Die {nl}Freundinnen lächelten sich an. {nl}{nl}Still dachte die Freude bei sich an das bunte Kleid, dass sie bereits {nl}für die Seele bereitliegen hatte. Eines Tages würde sie es ihr schenken.{nl} Irgendwann einmal – wenn die Zeit dafür gekommen war.{nl}(Helga Schlüß mit Anna){nl} {nl}{nl}{nl}
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