Unser erstes Jahr ohne Dich !!!!

Jeder Tag, der vergeht, trennt uns ein Stück mehr von der gemeinsamen Zeit und lässt die Sehnsucht zu Dir wachsen. Einerseits schmerzt es, wie viel Zeit schon ohne Dich vergangen ist.

Andererseits ist sie gelebt und hat uns Dir ein Stück näher gebracht.

Wir leben in der Vergangenheit und versuchen unsere Gegenwart und unsere Zukunft zu meistern. Es ist ein paradoxes Leben, in das uns Dein Tod geworfen hat.

Wir existieren im Hier und Jetzt.
So zu leben ist das, was wir nun tun.
Von Tag zu Tag, von Stunde zu Stunde, von Minute zu Minute.
Die Zeit fliegt an uns vorbei, rücksichtslos und lässt uns verzweifelt zurück.

Du hast Dein Leben gelebt, nichts hast Du in die Zukunft verlagert, alles geschah im Jetzt,
Du hast alles mitgenommen.
Vielleicht hast Du geahnt, wie wenig Zeit Dir blieb.

Der Glaube, dass es Dir gut geht, dort wo Du jetzt bist, hilft uns manchmal mehr, manchmal weniger.  Wir wissen, dass Du in unserer Nähe bist, uns oft Zeichen gibst und manchmal auch einen kleinen Schubs in die richtige Richtung. Oft schickst Du uns Menschen, in Momenten, wo wir jemanden brauchen.

Die Sehnsucht zu Dir ist oft nicht zu ertragen, aber unsere Liebe zu Dir ist schließlich auch riesengroß.

 

Du bist mir nah, wenn ich mir fern bin.
Du hörst mich, wenn ich sprachlos bin.
Du öffnest mir die Augen, wenn ich blind bin.
Du weist mir den Weg, wenn ich mich verlaufen habe.
Du erinnerst Dich an mich, wenn ich mich vergesse.
Du glaubst an mich, wenn ich ohne Hoffnung bin.
Du kennst die Lösung, wenn ich mich verrechnet habe.
Du hältst die Richtung, wenn ich ins Schleudern gerate.
Du stärkst mir den Rücken, wenn mir das Wasser bis zum Hals steht,
Du bist immer da, wenn ich Dich brauche.

 

Die Einsamkeit, obwohl das Leben um uns herum pulsiert und wir meistens gezwungen sind mit diesem Strom zu schwimmen, ist eigentlich das Schlimmste. Wie sollen wir mit dieser Endgültigkeit umgehen, damit fertig werden, wenn das Wörtchen “nie” eine ganz neue Gewichtung bekommt.

Dieses “nie mehr” …… unvorstellbar und doch Realität.

Jeden Tag wird uns bewusst, dass wir lernen müssen, mit dieser Endgültigkeit zu leben und jeden Tag merken wir, dass wir an unsere Grenzen stoßen.

Trotz aller Suche, keine Erklärung für das Geschehene finden zu können, lässt uns nicht zur Ruhe kommen.
Oft fragen wir uns, kann man irgendwann wieder Freude, Leichtigkeit und vor allem einen Sinn empfinden ?
Vielleicht möchten wir dies derzeit gar nicht zulassen. Zu tief ist der Schmerz.

Wir sind sehr dünnhäutig geworden und damit sehr verletzbar.
Es bleibt keine Kraft übrig für Diskussionen, für Rechtfertigungen, für vergebliche Versuche, uns anderen verständlich zu machen. Wenn wir es versuchen, spüren wir, wie die Kraft, die wir gerade mühsam wieder gesammelt haben, verloren geht.

Unsere Trauer können wir nicht abarbeiten, bis sie weg ist, unsere Trauer gehört nun zu unserem Leben.
Mit der Trauer zu leben ist mit Amputation zu leben:
egal was man tut, egal ob man fröhlich ist oder traurig, man ist und bleibt amputiert.

Es ist ein Zustand, der nicht rückgängig zu machen ist. Es ist etwas abgetrennt, das nicht nachwachsen kann. Wir haben noch immer diese schrecklichen “Phantomschmerzen”; diese brennende Sehnsucht nach Dir, als einen  Teil von uns selbst, weggerissen von unserer Seite, herausgerissen aus unserer Welt.

Einen Menschen, in dem Dir die Liebe begegnet ist, kannst Du nicht wirklich verlieren, auch wenn er sich wieder von Dir trennen muss. Denn er wird nicht gehen, ohne etwas von Dir mitzunehmen und etwas unsagbar Schönes in Dir zurückzulassen:
Das stille Wissen, dass eure Seelen sich nun so nah sind wie nie zuvor.
Unsere Liebe wird all das bewahren, was wir füreinander gewesen sind.

 

Du warst und bist etwas ganz besonderes für uns.
Wir hätten uns noch soviel zu sagen gehabt, über unsere gemeinsame Zukunft und über Gott und die Welt. Aber dies ist seit Deinem Weggang für immer ein unerfüllter Wunsch. Mit Deinem Tod ist ein großer Teil unserer Zukunft verloren gegangen. Nie werden wir Deinen Schulabschluss, Deine Berufsausbildung, Deine Heirat erleben, nie Großeltern Deiner Kinder sein. Wovon wir so sehr geträumt haben.

Wir können uns nicht in die Arme nehmen, nicht in die Augen sehen, nicht berühren, nicht miteinander reden, uns nicht sagen, dass wir uns lieb haben oder auch uns streiten und unsere verschiedenen Ansichten über die Dinge mitteilen.

Heute vor einem Jahr durften wir Dich zum allerletzten Mal in unserem Leben in die Arme nehmen, Dich spüren, mit Dir reden, Dir einen

Gute-Nacht-Kuss geben.

Wir ahnten nicht, dass es das letzte Mal war.

Heute vor einem Jahr freuten wir uns auf den nächsten Tag. Es war das letzte Mal, dass wir uns auf den nächsten Tag freuten.

Du hast diese Welt für immer verlassen und wir müssen akzeptieren, dass unsere Zeit noch nicht gekommen ist. Aber wir halten fest an dem Glauben, dass wir uns wieder sehen.

Wir haben eine Last zu tragen, die uns oft tief fallen lässt. Doch immer wenn es nötig ist, erinnern wir uns daran, dass die Alternative wäre, auf der Welt zu sein, ohne diese besondere Beziehung gehabt zu haben. Nicht deine Eltern zu sein. Eltern für so eine wundervolle Tochter.

Der seelische Schmerz, den wir durchmachen, steht für die Liebe zu einem Kind.

Der größte Reichtum unseres Lebens.

Wir hoffen, im Laufe der Zeit werden die Tiefs überschaubarer, ja vielleicht sogar vorhersehbarer und seltener und nicht mehr so lang anhaltend, weil wir anfangen zu lernen  mit Deinem Verlust zu leben.

Die Zeit heilt nicht alle Wunden, sie lehrt uns nur mit dem Unbegreiflichen zu leben.
Gedanken und Augenblicke, sie werden uns immer an Dich erinnern uns glücklich und traurig machen und dich niemals vergessen lassen. So fern und doch so nah wie sich das weite Meer und der endlose Himmel sind, wenn sie am Horizont ineinander zu fließen scheinen, so eng verbunden und doch so weit entfernt sind Diesseits und Jenseits, sichtbare und unsichtbare Welt. So fern und doch so nah sind die Menschen, die uns verlassen mussten und doch immer zu uns gehören.

Nach außen hin wirken wir wohl auf viele Menschen wieder ganz normal und erwecken den Eindruck,  mit Deinem Tod klar zu kommen.

Sie können nicht wissen, um unsere Trauer in ständigem Auf und Ab. Nur wir wissen, dass das alles dauern wird bis zu unserem eigenen Tod.

Durch Deinen Tod sind wir in kleine Stücke zerschmettert worden und seitdem sind wir  dabei, die wichtigsten Scherben aufzusammeln und wieder zusammenzusetzen. Dabei finden wir Stücke, die wir nicht mehr brauchen. Es gibt Stücke, die unwiederbringlich verloren sind und wir entdecken Stücke, die wir bisher gar nicht wahrgenommen haben.

So werden wir als Mensch, der nach dem Zusammensetzen dieser Scherben entsteht, noch mehr verändert sein. Mit Lücken und Löchern, mit Bruchkanten und Klebestellen… aber ……. mit der gleichen Seele. Wir brauchen all unsere Kraft, um unseren Weg aus diesem Trümmerhaufen herauszufinden.

Viele Menschen sind überzeugt davon, dass stark  und tapfer sein bedeutet, an etwas Anderes zu denken, nicht über Trauer zu sprechen. Aber wir wissen, dass ehrlich stark- und  tapfer-sein bedeutet, an das Geschehene zu denken, über das Geschehene zu sprechen, bis unsere Trauer beginnt erträglich zu werden. Das ist wirkliche Stärke. Das ist wirklicher Mut und nur so will stark- und tapfer-sein uns zur Heilung tragen.

 

Mit der Zeit haben wir erkannt, dass unsere Trauer in erster Linie ein einsamer Weg sein wird und dass dieser Weg immer wieder durch unser tiefstes Inneres führt und wir die Wahl haben, dort in der qualvollen Tiefe zu verharren, selbst schrittweise zu sterben oder an die Oberfläche zu steigen und uns dem Schicksal zu stellen.
Dies ist der beschwerlichere Weg.
Zu sterben wäre leichter.
Zu Leben heißt, sich dem Schmerz über diesen unersetzbaren Verlust zu stellen, sich zu verändern, zu spüren, dass man, wenn man aus diesem Prozess der Trauer hervorgeht, niemals mehr der Mensch wird sein können, der man früher war. Man hat dort unten sein altes Ich zurückgelassen, man ist gereift und hat sich gehäutet.

Seit Deinem Tod haben wir ein neues und intensiveres Bewusstsein entwickelt, was das Leben nicht unbedingt leichter macht, aber uns hilft zu verstehen.

Viele Dinge, die früher wichtig waren, sind bedeutungslos. Umgekehrt haben Dinge, die früher nicht so wichtig waren, große Bedeutung bekommen.

Mit Deinem Tod hat eine neue Zeitrechnung begonnen.

Dieses  “WARUM” steht immer noch unbeantwortet im Raum und dort wird es wohl immer stehen, solange wir leben. Schuldgefühle rauben uns oft den Verstand, alles ist so nah, als wäre es gestern gewesen.

Heute haben wir oft Angst, dass wir uns niemals mehr in dieser Welt zurechtfinden werden, fühlen uns unsicher, nicht angenommen und teilweise sogar von einigen Menschen gemieden, von denen wir ehemals glaubten, dass sie uns nahe stehen.

Nur die Mutigen und die ganz Treuen blieben uns und diese Menschen sind wertvoller als je zuvor.

Wir haben ihnen viel zu verdanken.

Wo Du geliebt wirst, mußt Du nicht immer nur lachen, darfst es wagen auch traurig zu sein.
Wo Du geliebt wirst, darfst Du auch Fehler machen und Du bist trotzdem nicht hässlich und klein.
Wo Du geliebt wirst, darfst Du auch Schwächen zeigen, oder den fehlenden Mut, brauchst Du die Ängste nicht zu verschweigen, wie es der Furchtsame tut.
Wo Du geliebt wirst, darfst Du auch Sehnsüchte haben, manchmal ein Träumender sein und für Versäumnisse, fehlende Gaben räumt man Dir mildernde Umstände ein.
Wo Du geliebt wirst, brauchst Du nicht ständig zu fragen nach dem vermeintlichen Preis. Du wirst von der Liebe getragen, wenn auch unmerklich und leis.

Unser heutiges Leben ist durch neue Maßstäbe geprägt und seltsam ist die Erkenntnis, dass uns die Angst verloren gegangen ist, denn unser Gefühl sagt uns: Was kann schon noch schlimmes passieren ?

Wir haben die Angst vor dem Tod verloren. Der Tod ist zu einem Freund für uns geworden, weil er uns mit Dir wieder verbindet.

Es ist dieser unendliche Schmerz, der ohnmächtig macht, der lebensmüde macht, der einen so tief fallen lässt, dass man nicht mehr weiß, wie man damit umgeht.

Unser Leben so wie es jetzt ist, ist ein einziges Suchen, Fragen und Fühlen.

Wir fragen uns oft: Was war die Botschaft, Deines viel zu kurzen Lebens ? Was wolltest Du uns sagen, welche Spur hast Du in diese Welt eingegraben ?

Du hast bedingungslos geliebt, Du bist immer wieder auf die Menschen zugegangen, die Dich verletzt haben. Du wusstest, wie wichtig Verzeihen ist.  Du hast jeden Tag gelebt, als wäre es der Letzte. Von all dem sind wir  noch so weit entfernt, aber wir werden uns bemühen, in Deinem Sinne weiterzuleben.

 

Denen treu bleiben, die gestorben sind, heißt so zu leben, wie sie gelebt hätten und sie in uns leben lassen und ihr Gesicht, ihre Stimme, ihre Botschaft anderen bringen, einem Bruder, einer Freundin oder Unbekannten, wer immer sie sind. Dann wird das Leben, wenn auch vom Tode verstümmelt, immer weitergehen, von neuem erblühen.

 

Jede Jahreszeit, jeder Weg, jeder Handgriff müssen neu erfahren werden. Der Herbst kommt und mit ihm das Gefühl, dass wir alle Jahreszeiten nun ohne Dich gelebt haben. Wir mussten und müssen immer noch lernen, Weihnachten, Ostern, Deinen Geburtstag, unsere Geburtstage und alle anderen Festtage ohne Dich zu begehen. Nie wieder wird es so schön werden wie es war. Solche Festtage sind einfach nur Tage, die ganz besonders schmerzvoll sind.

Wir hoffen, dass es mit den Jahren etwas leichter wird, diese Tage zu begehen, dieses Leben zu leben.

Bei allem Leid sind wir aber auch froh und dankbar dafür, dass wir Patrick noch auf seinem Weg in die Zukunft begleiten dürfen. Für ihn lohnt es sich weiterzuleben, in ihm sehen wir unseren Sinn für ein Weiterleben.

Patrick hat es als Geschwisterkind besonders schwer. Er hat nicht nur seine Schwester verloren, sondern muss gleichzeitig mit völlig veränderten Eltern klar kommen.

Wir sind dankbar dass es Dich gibt und dass Du diese Geduld mit uns hat.

Wir haben dich lieb.

Selten ist ein Weg von Anfang bis Ende immer sichtbar.
Oft sehen wir nur den nächsten Schritt.
Vielleicht würden wir sonst überwältigt sein von dem, was vor uns liegt.
Unsere Kurzsichtigkeit ist auch eine Gnade.
So wird unsere ganze Kraft frei für den nächsten Schritt, für eine Aufgabe der Stunde
und des Tages.
Wir konzentrieren uns auf den Moment, der zu bewältigen ist, auf den Augenblick, der so viele Möglichkeiten in sich birgt, auf die Verwandlung des Schweren ins Leichte,

auf das gefüllte Wort und die Bedeutung eines einzigen Blicks und am Ende des
Tages, des Jahres, am Ende eines Lebensabschnitts und am Ende des ganzen Lebens
bilden die vielen Schritte einen unnachahmlichen Weg, der nur unseren Namen
tragen konnte.