8 Jahre ohne Dich

In den letzten Jahren habe ich das ganze Jahr über meine Gedanken aufgeschrieben. Dieses Jahr ging es einfach nicht. Das Jahr 2012 war einfach unheimlich anstrengend. Es ist soviel passiert und es hat sich so viel verändert. Ich musste vieles lernen und bin immer noch in einem wohl nie endenden Lernprozess.

Eigentlich sind es nur noch Papa und ich, die über Dich reden. Ich habe es versucht, Dich immer wieder in Gesprächen zu erwähnen, über meine Gefühle zu sprechen und jedes Mal bemerke ich das fast immer peinliche Schweigen oder das schnelle Wechseln des Themas. Ich mag ganz einfach nicht mehr, gebe den Kampf auf und doch ist es mir ein Bedürfnis, zumindest hier ein paar Sätze über Dich/über uns zu schreiben, weil ich weiß, dass es noch einige gibt, die hier lesen und sich vielleicht in einigem wiederfinden werden.

Die Trauer ist auch im achten Jahr jeden Tag da. Es ist meistens eine stille Wehmut, die mich begleitet und doch gibt es noch immer Tage, wo gar nichts geht und ich mich ganz zurückziehe von allem. Noch immer bin ich dann gerne in der Natur und versuche meine Gedanken zu ordnen. Ebenso hilft es mir, mit einem Menschen reden zu können, der mich versteht und mir das Gefühl gibt, eben doch nicht ganz allein zu sein mit Gefühlen, die nur jemand verstehen kann, der es selber erlebt hat.

Der Alltag hat uns schon lange wieder eingeholt und lässt uns wenig Zeit zum Grübeln. Du bist zwar physisch nicht mehr bei uns, aber wir wissen, dass Du uns durch unser Leben begleitest und schickst uns noch immer in den richtigen Momenten die richtigen Menschen oder Deine kleinen Zeichen der Liebe und Verbundenheit.

 

Was bleibt
wenn es dunkel um uns wird
und das sterbende Licht
sich in nichts
als Sehnsucht auflöst? 

Was bleibt
wenn eine lichtlose Jahreszeit
grau in grau gefärbte
Trauermäntel webt? 

Was bleibt
wenn uns nichts bleibt
als die lebendige Erinnerung
an ein vorausgegangenes Kind?

Ein unsterbliches Gefühl
das Liebe heißt.
Und sich im Traum
wiederfindender Welten wiegt.

 Ute Leser

Du hast einen festen Platz in unserem Herzen, in unserer Seele und in unserem Leben. Du hast uns gelehrt, im Hier und Jetzt zu leben und zeigst uns, dass wir immer wieder nach vorne schauen müssen.

Das Licht der Seele

Ich schließe die Augen
Und sehe das warme Licht,
das zwischen uns
entstanden ist –

ein Licht,
das nur die Seele sieht
und spürt

das mich lächeln
und vergessen lässt
dass ich Angst hatte,
es könnte erlöschen.

Hans Kruppa

Was dich verwundete,

es hat dich auch befruchtet.

Du zweifelst:

Denke an deine Erfahrungen in die du im Leben gemacht hast,

an alle Wunden die dir das Leben schlug

durch eigene oder fremde Schuld:

Ließen sie dich nicht

wachsen,

reifen

und

Perlen bilden?

Verdränge den Schmerz nicht,

sondern verwandle ihn in die Perle!

Du hast heilende Kräfte in dir!

Vertraue auf die Kraft der Wandlung in deiner Mitte!

Vielleicht hast du sie noch nie gespürt.

Aber sie ruht in dir.

Sie gehört zu deinem inneren Reichtum.

Spüre in dir die Kraft der Verwandlung!

Wandle

das Sandkorn der Mühsal

in die Perle der Leichtigkeit,

das Sandkorn des Schmerzes

in die Perle der Freude,

das Sandkorn der Entbehrung

in die Perle der Fülle,

das Sandkorn der Enttäuschung

in die Perle der Zuversicht,

das Sandkorn der Ungeduld

in die Perle der Geduld,

das Sandkorn der Eifersucht

in die Perle der Toleranz,

das Sandkorn der Ungerechtigkeit

in die Perle der Gerechtigkeit.

Uwe Wolff. Geheimnisvoll wie die Muschel. Staunen über den inneren Reichtum. 2002.

Perlen wachsen nicht in wenigen Tagen, und der Schmerz ist nicht im nächsten Augenblick überwunden. Alles braucht seine Zeit. Schicht um Schicht umhüllt die Muschel das Sandkorn mit Perlmutt. Unendlich langsam wächst die Perle in ihr. Noch lange spürt die Perle das Sandkorn in sich. Perlen sind verwandelter Schmerz.

Ich glaube, bis wir unseren Schmerz in eine Perle verwandeln können, ist es noch ein weiter Weg.

Alles geschieht zu seiner Zeit ~ wenn der richtige Zeitpunkt da ist. Wir versuchen darauf zu vertrauen, dass es genauso ist. Vieles macht erst im Nachhinein betrachtet Sinn, aber mit der Zeit lernen wir, es eher zu verstehen und gehen unseren Weg gestärkt weiter…

Seit 2 Wochen wohnt nun auch Dein Bruder nicht mehr zuhause. Jetzt ist es noch stiller hier und es hat wieder eine neue Lebensphase begonnen, mit der wir erst mal lernen müssen umzugehen. Vielleicht würdest auch Du schon nicht mehr zuhause wohnen, je nachdem für was für einen Weg Du Dich nach der Schule entschieden hättest und doch wäre dann alles ganz anders.

Nur zu gerne hätten wir auch für Dich Deine Wohnung eingerichtet. Wir wären noch komplett, wären bei Familienfeiern zusammen, an Weihnachten und vor allen Dingen an euren Geburtstagen. Wie oft habe ich in diesem Jahr daran denken müssen, wie wir unsere Silberhochzeit mit euch beiden gefeiert hätten und unsere 50. Geburtstage. Wir hatten uns alles so schön vorgestellt. Dein Tod hat unser Zeitgefühl verändert. Es gibt nur noch ein vorher und ein nachher.

Ich hoffe so sehr, dass uns auch die Zuversicht und die Hoffnung im Jahr 9 ohne Dich nicht verlassen, wir immer wieder die kleinen Lichtpunkte am Ende des dunklen Tunnels sehen und uns an vielen Kleinigkeiten freuen können.
Man muss sich durch die kleinen Gedanken,
die einen ärgern,
immer wieder hindurchfinden,
zu den großen Gedanken,
die einen stärken

Dietrich Bonhoefer

 

Gerne hätte ich noch ein Bild von Dir beigefügt. Doch ich kann keins mehr von Dir zeichnen. Ich sehe, wie Deine Freundinnen sich in den Jahren entwickelt haben. Zu gerne würde ich sehen, wie Du heute aussiehst. Eine hübsche junge Frau. Doch mir fehlt Dein Bild. Wie würdest Du aussehen? Ich kann kein Bild mehr sehen.